Die Idee
Gebündelte Lebensfreude von sterbenskranken
Kindern und Jugendlichen in acht Zimmern – das Kinder- und Jugendhospiz in
Wilhelmshaven ist ein ganz besonderer Ort, an dem spürbar wird, dass das
Sterben auch zum Leben dazugehört.
Es ist ein Ort des Lebens, an dem die
jungen Menschen und ihre Familien vier Wochen lang im Jahr jeden Tag intensiv
und gleichzeitig auch fernab des Alltags erleben können, bevor es wieder
nach Hause geht. Die Errichtung eines Kinder- und Jugendhospizes vor den Toren
zur Nordsee ist ein Projekt, das die Mission:Lebenshaus gGmbH vor zwei Jahren
in Angriff genommen hat. Ein Projekt, das sich in den Startblöcken befindet,
ein Projekt, das zeigt, wie wichtig die christliche Ethik von Toleranz,
Nächstenliebe und Fürsorge spürbar ist.
„Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt,
ob ein Kinder- und Jugendhospiz hier notwendig ist. Und genau das ist es, denn
bei der Recherche kam heraus, dass die Anfrage sehr groß war“, erklärt die
Projektleiterin Irene Müller. Gerade in der Region fehlte den betroffenen
Familien bisher ein Hospiz. Nach der Weltmeisterschaft im August 2014,
eröffnet die Einrichtung für sterbenskranke Kinder und Jugendliche sowie deren
Familien in Wilhelmshaven.
Anmeldungen sind schon jetzt möglich.
Der Name des Hospizes geht auf zwei Menschen
zurück, die an der Entstehung beteiligt
waren. Der sterbenskranke Joshua, der seine letzten Monate im
Friedel-Orth-Hospiz in Jever erlebte,
gab den mentalen Anstoß mit seinem Wunsch nach einer solchen Einrichtung für junge
Menschen. Angelika Reichelt sorgte für die finanziellen Möglichkeiten. Die
Wilhelmshavener Geschäftsfrau ermöglichte mit einer Millionenspende den Kauf
und Umbau des etwa 2000 Quadratmeter großen ehemaligen Verwaltungsgebäudes in
der Kurt-Schumacher-Straße 241.
Schon zuvor hatte sich die Mission:lebenshaus
gGmbH mit der Thematik auseinander gesetzt und festgestellt, dass der Bedarf in
der Weser-Ems-Region vorhanden ist. Aber erst das Engagement der
Wilhelmshavenerin ließ die Pläne konkret werden.
Ein weiterer Schritt erfolgte mit der Gründung
des Fördervereins „Kinder- und Jugendhospiz Joshuas Engelreich“, der sich um
die Deckung der laufenden Kosten durch Spenden kümmert.
Per Mertesacker
Einen besonderen Botschafter hat das Kinder- und
Jugendhospiz mit dem Fußballprofi und WM-Teilnehmer Per Mertesacker. In einer
unserer letzten Posts haben wir Mertesacker als bekennenden Christen
vorgestellt, der in diesem Projekt wahre Nachfolge im Sinne des Gleichnisses
vom Barmherzigen Samariter zum Ausdruck bringt.
Der Spieler erfüllte dem 18-jährigen
sterbenskranken Wilhelmshavener Joshua 2012 noch während seiner Zeit bei Werder Bremen
den Wunsch eines Treffens. Als er 2013 von dem Projekt eines Kinder- und
Jugendhospizes in Wilhelmshaven erfuhr, bot er sich als Botschafter an. Der
Fußballspieler ist schon seit längerem sozial engagiert. Mit seiner
Per-Mertesacker- Stiftung kümmert er sich um sozial benachteiligte Kinder in
Hannover. Auch wenn die Zeit für den Nationalspieler knapp ist, will er das
Kinder- und Jugendhospiz in Wilhelmshaven zwischendurch besuchen.
Der zweite Botschafter kommt ebenfalls aus dem Sport.
Der Wilhelmshavener Sebastian Polter, Spieler beim FC Mainz05, engagiert sich
ebenfalls für das Kinder- und Jugendhospiz.
So ergibt sich auch eine übergreifende Verbindung
von Nord nach Süd.
Das Projekt
Schauen wir auf das Projekt selbst über eine
Mitteilung des Hospizes:
Wenn Kinder sterbenskrank sind, gehört es zu den
Hauptsorgen der Familie, dass ihnen buchstäblich die Zeit davon läuft. Gerade
hier springt das Konzept des Kinder- und Jugendhospizes Joshuas Engelreich in
Wilhelmshaven ein. Während erwachsene Bewohner eines Hospizes dort medizinisch
und psychologisch in der letzten Lebensphase betreut werden, dient das Kinder-
und Jugendhospiz in erster Linie als Erholungsort, aus dem die Familie gestärkt
in den Alltag zurückkehren soll. Im „Angelika Reichelt Kinder- und Jugendhospiz
Joshuas Engelreich“ in Wilhelmshaven werden die betroffenen Kinder sowie deren
Eltern und Geschwister intensiv betreut. Und das nicht nur während des
Aufenthaltes, sondern über Jahre hinweg von der Diagnose bis hin zum Tod.
Die Eltern und Geschwister eines unheilbar
kranken Kindes stehen unter starkem psychosozialen Druck, der jeden Tag auf der
Familie lastet. Meist reicht die Unterstützung von Kliniken, Jugendämtern,
Behinderteneinrichtungen und ambulanten Kinderhospizdiensten nicht aus, um den
Eltern eine dauerhafte Entlastung zu ermöglichen. Das qualifizierte
Mitarbeiterteam des Wilhelmshavener Kinder- und Jugendhospizes der mission:lebenshaus
gGmbH greift den Eltern unter die Arme und bietet ihnen die Möglichkeit, die
noch verbleibende Zeit gemeinsam im Familienverbund in einem speziellen Urlaub
an der Nordsee bewusst zu genießen. Dafür werden in dem Haus acht Zimmer für
die jungen Gäste sowie acht Appartements für die Eltern und die Geschwister.
Das Kinder- und Jugendhospiz liegt unmittelbar in der Nachbarschaft zur
Kinderklinik des Reinhard-Nieter-Krankenhauses und ist nur wenige Minuten von
der Innenstadt und dem Südstrand entfernt.
Für Familien aus der Region bietet das „Angelika
Reichelt Kinder- und Jugendhospiz Joshuas Engelreich“ zudem den Vorteil, dass
diese ihre Kinder für eine Zeit lang in die Einrichtung geben können, in der
eine ganzheitliche Betreuung kombiniert mit einer palliativen Therapie
gesichert ist. Auch in schwierigen Situationen hilft das Kinder- und
Jugendhospiz Joshuas Engelreich den betroffenen Familien. Wenn ein Elternteil
erkrankt oder mit der belastenden Situation überfordert ist, kann eine
zeitweilige stationäre Betreuung des Kindes die Familie entlasten.
Mit der Eröffnung des Kinder- und Jugendhospizes
in Wilhelmshaven wird zudem die Palliativversorgungslandschaft in dieser Region
erweitert. Ein Hospiz, das sich an junge Gäste zwischen dem Säuglingsalter und
24 Jahren richtet, existierte zuvor noch nicht an der Nordsee. Der schweren
Erkrankung können die Betroffenen zwar nicht entfliehen, aber im Hospiz finden
sie einen Ort, an dem sie bis zu 28 Tage im Jahr gut aufgehoben sind. Um dem
hohen Anspruch gerecht zu werden, kümmern sich Sozialpädagogen, Ehrenamtliche,
Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger sowie Erzieher und Physiotherapeuten um
die Kinder- und Jugendlichen. Dazu dienen die verschiedenen Therapieräume wie
ein Musik- und Spielzimmer, ein Whirlpool und Therapiebad sowie ein Raum, in
dem die Gäste an Konsolen und PCs spielen können. Eine Besonderheit ist die
Nestschaukel, in der die Eltern, betroffenen Kinder und Geschwister die Füße
baumeln lassen können. Viele Ehrenamtliche sorgen zudem dafür, dass sich die
betroffenen Familien während des Aufenthaltes wohlfühlen.
Die Familien können während des Aufenthalts
Wilhelmshaven und den Nordseestrand erkunden, mit einer Bootstour Seerobben
beobachten oder einen Tagesausflug auf die Ostfriesischen Inseln unternehmen.
Auch eine Wattwanderung mit dem erkrankten Kind ist möglich. Das Kinder- und
Jugendhospiz stellt dafür ein Wattmobil zur Verfügung, in dem das Kind
gefahrlos über das Watt Leben und Tod hängen im Kinder- und Jugendhospiz eng
zusammen. In familiärer Atmosphäre kann mit dem Fachpersonal und Psychologen
über die Ängste während des Sterbeprozesses und die Zeit danach gesprochen
werden. Kein Gast wird mit seinen Sorgen allein gelassen, Tabuthemen gibt es
nicht. Mit dem Ende des Aufenthaltes hört die Arbeit des Kinder- und
Jugendhospizes in Wilhelmshaven jedoch nicht auf. Die Familien werden in der
langen Auseinandersetzung von der Diagnosestellung bis hin zum Tod des
geliebten Kindes betreut. Das Kinder- und Jugendhospiz wird so zu einer festen
Institution für die Eltern und Geschwister, in der sie sich untereinander auch
austauschen und den Weg miteinander gemeinsam gehen Ziel der Mission
Lebenshaus, dem Träger des Kinder- und Jugendhospizes, ist es, den jungen
Menschen und Familien einen kostenlosen Aufenthalt zu ermöglichen. Da die
Kranken- und Pflegekasse nicht alle Kosten übernimmt, begleicht der Träger die
fehlenden fünf Prozent. Damit die Einrichtung auch in Zukunft für betroffene
Familien ein Ort der Auszeit und Entlastung sein kann, benötigt sie freiwillige
Spenden, die vom Förderverein eingeworben werden.
Interview der Stiftung mit Per Mertesacker
Wie sind Sie dazu gekommen, die Per-Mertesacker-Stiftung zu
gründen?
„Weil ich etwas für
Kinder tun will. Dies entspricht dem Stiftungszweck der Per Mertesacker Stiftung, nämlich die
Förderung sozialbenachteiligter Kinder.“
Seit 2011 spielen Sie
beim FC Arsenal London. Das Training und die Verpflichtungen für
die deutsche Nationalmannschaft nehmen viel Zeit in
Anspruch. Wie schaffen Sie es bei
all den Terminen, sich noch Zeit für Ihr ehrenamtliches
Engagement und die Familie zu
nehmen?
„Das Tagesgeschäft meiner Stiftung wird durch
ehrenamtliche Mitarbeiter geführt. Ich
bin Vorsitzender des Kuratoriums, das satzungsgemäß einmal pro Jahr tagt. Ich
trage jedoch voll und ganz die Gedanken und versuche so oft wie möglich bei
unseren Projekten in Hannover-Garbsen zu sein.“
Dem todkranken 18-jährigen Joshua haben Sie 2012 mit dem
Treffen einen Herzenswunsch erfüllt. Wie haben Sie damals das Treffen mit ihm
empfunden?
„Ich habe das
empfunden wie alle anderen Menschen auch, mit einem unglaublichen Mitgefühl.“
Kommt es im Profi-Fußball häufiger vor, dass Kinder ihre
Stars als letzten Wunsch noch
einmal kennenlernen wollen?
„Das entzieht sich
leider meiner Kenntnis.“
Welche Rolle spielt die Erkrankung von Kindern in Ihrem
Leben?
„Wenn Kinder meiner
Hilfe bedürfen, bin ich bereit zu helfen, sofern und soweit es in meinen
Kräften und Möglichkeiten liegt.“
Wie hätte Ihr Plan B ausgesehen, wenn Sie kein
Profifußballer geworden wären?
„Für Profifußballer
die mit Leidenschaft ihren Beruf ausüben, gibt es bisher keinen Plan B.“
Was verbinden Sie mit dem Thema Hospiz?
„Leiden.“
Für das neue Kinder- und Jugendhospiz in Wilhelmshaven haben
Sie sich gleich als Botschafter zur
Verfügung gestellt. Wie stellen Sie sich Ihren Beitrag für die Einrichtung vor?
„Dass ich als
Botschafter tätig bin.“
Beenden Sie bitte den Satz: Das Kinder- und Jugendhospiz
Joshuas Engelreich ist für mich ....
„...ist für mich die Gelegenheit eines
sozialen Engagements.“
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Per Mertesacker erfüllte während seiner Zeit bei Werder Bremen dem 18-Jährigen Joshua
den Wunsch eines Treffens. Nach einem Testspiel nahm sich der Fußballer eine Stunde lang Zeit für ihn. Foto: Werder Bremen |